Premierenberichte

"Joseph Süß" in Zwickau

06.11.2013 | Den Justizmord an Joseph Süß anno 1735 hat Detlef Glanert zum Inhalt seiner Oper gewählt, die 1999 uraufgeführt wurde und nun in Zwickau auf die Bühne kam. Der Jude Joseph Süß wird zum Sündenbock für alles, was im Land, dessen Fürsten er dient, schief läuft. Schließlich wird er hingerichtet. In Glanerts Oper blickt der schon im Kerker sitzende Süß zurück auf sein Leben und die Stationen, die schließlich zu seiner prekären Lage geführt haben. Als "eminent politische Oper" bezeichnet der Komponist selbst sein Werk im MDR-Interview. Und Generalintendant Roland May will damit auch ein Zeichen setzen "gegen die Beschränkung von Andersartigkeit (…), gegen Fremdenfeindlichkeit". GMD Lutz de Veer und Regisseur Thilo Reinhardt haben die Oper äußerst erfolgreich umgesetzt. "Wenn zeitgenössische Oper eine Chance bei einem breiteren Publikum hat, dann auf Grund einer solchen Qualität und für sich einnehmenden inneren Beteiligung", schreibt die Freie Presse: "Regisseur Thilo Reinhardt sorgt für hinreichend Bewegung und Tempo, weiß die Sängerschaft und den Chor vor allem mit dem nötigen Gespür für die Doppelbödigkeit des Geschehens zu führen." Das Fazit im MDR ist kurz und bündig: "Ein großer Opernabend im kleinen Zwickau". Das Publikum war offenbar derselben Meinung und dankte mit minutenlangem begeistertem Applaus. Foto: Peter AwtukowitschWeiterlesen

"Viel Lärm um Liebe" an der Staatsoperette Dresden

03.11.2013 | 1934 hatte Kurt Weill Deutschland bereits verlassen. Nach seinen Erfolgen unter anderem mit "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagony" und der "Dreigroschenoper" musste der jüdische Komponist vor dem Naziregime fliehen und landete schließlich in Amerika, wo er eine zweite Karriere erleben durfte, diesmal eher im Bereich der "leichten Muse". 1945 wurde seine Operette "Viel Lärm um Liebe" am Broadway uraufgeführt. Später wurde es still um das Stück, erst die Staatsoperette Dresden verhalf ihm jetzt zur europäischen szenischen Erstaufführung: nicht die erste Wiederentdeckung, die man diesem Haus zuschreiben darf. Es geht um den berühmten Maler Cellini und sein Modell Angela, um einen lüsternen Herzog, der es auf Angela, um seine Frau, die es wiederum auf den Maler abgesehen hat. "Die Dresdner Premiere macht eines deutlich: Da ist ein wunderbares, Kurt Weill eine weitere faszinierende Facette hinzufügendes Stück transatlantischer Unterhaltungskultur zu entdecken", schreibt Die Welt. "Stellenweise viel Schmiss" attestiert nmz online Weills Musik, und auch die Realisierung in Dresden findet Anklang: "Unter der musikalischen Leitung von Andreas Schüller (…) hatten Orchester und Sängerdarsteller ordentlich Biss." "Spannendes Musiktheater" und einen "weitgehend mitreißenden Abend" hat der Rezensent erlebt. Und bilanziert: "Wer (…) Geschmack an solch einer Vierecksgeschichte findet, gepaart mit sattem Chorus und schwungvollen Balletteinlagen, der dürfte in der Staatsoperette Dresden auf seine Kosten kommen." Foto: Kai-Uwe Schulte-BunertWeiterlesen

"Frau Luna" in Regensburg

01.11.2013 | Anderswo ist es nicht einmal gern gesehen, wenn Angehörige des Theaters auf der Straße für bessere Arbeitsbedingungen oder mehr Geld demonstrieren. In Regensburg dürfen sie das sogar auf der Bühne - allerdings auf dem Mond, auf dem mit Fritz Steppke aus Berlin auch die Gedanken der Arbeiterbewegung Einzug halten. Wer sich von der Frage, ob eine Operette wie Paul Linckes "Frau Luna" heutzutage wirklich noch einen Platz auf den Musiktheaterbühnen haben sollte, verabschiedete, konnte hier einen unterhaltsamen Abend ohne Tiefgang, aber mit Schwung und dem einen oder anderen "Anspieler" auf Gegenwärtiges erleben. "Unterhaltung pur" hat sich Regisseur Thomas Enzinger offenbar auf die Fahnen geschrieben und gemeinsam mit Bühnen- und Kostümbildner Toto ein buntes und opulent ausgestattetes Spektakel auf die Bühne gebracht. Der Chor war hier in mehrfacher Hinsicht gefordert. Neben der gewohnt guten musikalischen Leistung mussten sich Chordamen wie -herren in blau-golden glitzernde "Mond"-Tütüs zwängen und in diesen durchaus auch choreografische Einlagen liefern. Das Premierenpublikum ließ sich von der doch recht kruden story der Ballon-Reise zum Mond und dem dort sich entwickelnden interstellaren Liebesgeplänkel nicht aus seiner Begeisterung reißen - und klatschte nicht nur am Ende voller Enthusiasmu, sondern auch zwischendurch: natürlich insbesondere bei Ohrwürmern wie "Schlösser, die im Monde liegen" oder "Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft…". Das Foto (Ludwig Olah) zeigt Michaela Schneider als Frau Luna, Mitglieder des Chors sowie Claus J. Frankl als Theophil.Weiterlesen

"Orpheus in der Unterwelt" in Greifswald

30.10.2013 | Die "Öffentliche Meinung" spielt bekanntermaßen eine wichtige Rolle in Jacques Offenbachs turbulenter musikalischer Komödie "Orpheus in der Unterwelt". Sie sorgt dafür, dass Orpheus, der eigentlich ganz froh über die Nachricht ist, dass seine Frau Eurydike mit Pluto persönlich in die Hölle abgetaucht ist, dennoch antritt, die Gattin zurückzuholen. Die Götter spielen auch nicht gerade eine gloriose Rolle. Mehr aus Langeweile als auch echter Zuneigung kümmert sich Jupiter um den Entführungsfall. Er bequemt sich in die Unterwelt, um die schöne Eurydike für sich zu gewinnen. Diese aber hat das Höllenleben inzwischen satt und sehnt sich zurück zum Ehemann. Dass dieser sie am Ende dennoch nicht bekommt, hat er Jupiter zu verdanken. So richtig will sie aber schließlich keiner mehr, und so wird sie kurzerhand zur "Bacchantin". Abwechslungsreich und unterhaltsam hat sich das Theater Vorpommern des weltbekannten Stoffes angenommen. Die Ostseezeitung kommentiert: "Die Inszenierung des Theaters Vorpommern ist eine unterhaltsame und auch sehr farbenfrohe Angelegenheit, gewürzt mit reichlich humorigen Einschüben, aber auch mit gelegentlichen Grobheiten… Hier ergibt sich ein prächtiges Zusammenwirken der Schauspieler mit Ballett, Opernchor und Philharmonischem Orchester." Wolfgang Dosch als Regisseur und der musikalische Leiter Egbert Funk haben ganz Arbeit geleistet. Foto: MuTphotoWeiterlesen

"Falstaff" in Stuttgart

28.10.2013 | Verdi auch in Stuttgart - mit neuem Leitungsteam, das sich mit "Falstaff" für Verdis Spätwerk entschieden hat. "Es ist die Summe eines Jahrhunderts und ein Ausblick auf eine Zukunft, die wir noch immer nicht erreicht haben", schreibt das Theater zur Premierenankündigung. Regisseurin Andrea Moses, die "leitende Regisseurin" des Hauses, hat sich ganz auf die Figuren konzentriert, insbesondere auf die des Falstaff. Sie "forscht nach dem Menschen hinter der Fassade" des dicken Ritters, so der Bayerische Rundfunk. Moses‘ "Falstaff" sei "kurzweilig, mit Pfiff inszeniert, genau der richtigen Prise Humor gewürzt - und es gelingt ihr, auch die tragischen Momente perfekt einzufangen." Nicht alle Rezensenten urteilen so euphorisch über diese Regieleistung. Wohl aber werden Sänger wie Orchester gelobt. "Eine Herausforderung, die das Staatsorchester Stuttgart unter der Leitung von Sylvain Cambreling wunderbar meistert", ist im BR zu hören. "Beim neuen GMD Silvain Cambreling war der musikalische Teil in den besten Händen. Er machte den Abend eigentlich zum Erlebnis", schreiben die Fränkischen Nachrichten, und im SWR schließlich heißt es: "Die Hauptrolle an diesem Abend spielt eindeutig das Orchester." Das Foto (A.T. Schaefer) zeigt das Solistenensemble und Mitglieder des Staatsopernchores.Weiterlesen

"Macbeth" in Essen

25.10.2013 | Das Verdi-Jahr geht langsam zu Ende. Aber zuvor hat das Theater Essen noch eine weniger häufig gespielte Oper des Jubilars auf die Bühne gebracht: die erste Premiere nach der 16-jährigen Intendanz von Stefan Soltesz. An dessen erfolgreicher Zeit in Essen musste sich das neue Team mit Hein Mulders als Intendant und Tomás Netopil als GMD, der auch die musikalische Leitung des "Macbeth" innehatte, nun messen lassen. David Hermanns Inszenierung wurde dabei durchaus zwiespältig bewertet. Die Hervorhebung der Kinderlosigkeit, des Kindsverlustes des Paares Macbeth und seiner "Lady" wird im WDR als "küchenpsychologisch" bezeichnet. Die Ruhrnachrichten gewinnen der Konzentration auf das psychologische Geschehen aber auch gute Seiten ab: "David Hermann und Ausstatter Christof Hetzer meiden die blutigen Schockeffekte in der so blutrünstigen Shakespeare-Oper." Musikalisch fällt das Urteil eindeutig positiv aus. "Die musikalische Seite in Essen ist ganz großes Kino", schreiben die Ruhrnachrichten. "Gut bis großartig die musikalische Seite", urteilt "Der Westen". Und beide haben lobende Worte für den Chor: "Der auch aus dem Off und vom Rang singende Chor agiert gewohnt homogen und prachtvoll" (Ruhrnachrichten). Und "Der Westen" berichtet vom "phänomenal präsenten Opernchor". Das Publikum reagierte wohlwollend und spendete allen Beteiligten Beifall. Das Foto (Matthias Jung) zeigt Gun-Brit Barkmin als Lady Macbeth und Mitglieder des Opernchors des Aalto Theaters.Weiterlesen

"Carmen" in Cottbus

23.10.2013 | In die aktuelle Flüchtlings-Diskussion passt Matthias Cottbuser Oldags "Carmen"-Inszenierung bestens. Illegale Arbeiterinnen, illegale Flüchtlinge und Menschenhandel sind in die Handlung eingebaut. Oldag verlegt die Oper damit in die Gegenwart, von Zigeuner-Romantik ist hier nichts mehr zu spüren. "Die Figuren sind dem Cottbuser Ensemble buchstäblich auf die Haut geschneidert. Oldag beherrscht eine psychologische Personenführung und nutzt sie um die Opernfiguren von ihrem Postament der mythischen Überhöhung herunter zu holen", war im Kulturradio zu hören. Musikalisch ordentlich: "Marc Niemann machte mit dem Philharmonischen Orchester einfach alles richtig. Die Tempi perfekt wie ein Metronom, alle dynamischen Vortragszeichen absolut genau ausgeführt, Akzente, Crescendi, fette dunkle Streicher, was immer man hören wollte." Aber, so die Rezensentin: "Keine Gänsehaut nirgends." Der Chor singt unkomstümiert von den Seitenlogen, "zwar auf Deutsch in der Felsenstein-Fassung, aber erfreulich französisch leicht und stilsicher", so die Lausitzer Rundschau. Das Fazit hier: "Ein lohnender Abend, genau durchdacht und ein seltenes Beispiel dafür, dass ein Werk von 1875 heute sogar noch aktueller sein kann als zur Entstehungszeit." Das Foto (Marlies Kross) zeigt James Roser als Escamillo, Jens Klaus Wilde als Don José, Marlene Lichtenberg als Carmen, Debra Stanley als Frasquita und Carola Fischer als Mercédès.Weiterlesen

"Tristan und Isolde" in Oldenburg

21.10.2013 | Die Komposition gilt als Aufbruch in die Moderne, die starren Regeln der Tonalität lässt Wagner weit hinter sich. Stattdessen sah er in seinem Werk die "tiefe Kunst des tönenden Schweigens" verwirklicht: Während die äußere Handlung auf wenige Eckpunkte reduziert ist, rücken die seelischen Vorgänge in den Mittelpunkt. Dies und mehr entnehmen wir der Webseite des Oldenburgischen Staatstheaters, das sich nun an die - handlungsarme - Oper "Tristan und Isolde" gewagt hat. Inszeniert hat die anrührende Geschichte der kurzen unglücklichen Liebe der Titelfiguren Alexander Müller-Elmau. "So muss Wagner klingen", titelt die Kreiszeitung, die insbesondere die musikalische Leistung lobt. "GMD Roger Epple weiß, wie man Wagner dirigiert: wie man Höhepunkte setzt, wie man einen klanglichen Sog gestaltet, wie man beispielsweise vom ruhevollen Beginn aus große Steigerungen aufbaut, wie die einzelnen Instrumente ineinander überführt werden müssen." Auch Radio Bremen urteilt begeistert: "Roger Epple führt ein exakt und differenziert spielendes Staatsorchester und die Hauptakteure auf der Bühne liefern - neben der unglaublichen Quantität ihrer Gesangspartien - auch beachtliche Qualität ab." Und der Rezensent der Kreiszeitung kritisiert zwar Teil-Aspekte der Inszenierung, erkennt aber dennoch auch "starke Bilder". Das Publikum jedenfalls applaudierte begeistert. Das Foto (Andreas J. Etter) zeigt Melanie Maennl als Isolde.Weiterlesen

"Parsifal" in Braunschweig

16.10.2013 | "Wenn Braunschweigs Staatstheater ‚Parsifal‘ spielt, muss es sich durchsetzen gegen die anderen Häuser", schreibt - zu Recht - die taz vor der Braunschweiger Premiere. Trotz einiger Buhs für die Regie scheint dies gelungen zu sein. Yona Kim hat die Geschichte um den reinen Toren, der "aus Mitleid wissend" wird und dadurch die Wunde des Amfortas heilen kann, inszeniert. Trotz Einschränkungen schreibt "Die deutsche Bühne": "Insgesamt aber bleibt eine kluge Inszenierung in Erinnerung, die das Werk in starken Bildern kritisch befragt und dabei aktuelle Denkanreize zum Spannungsfeld zwischen Religion, Politik und Ideologie bietet, ohne sich auf platt-realistische Eins-zu-eins-Aktualisierungen einzulassen." Auch die Braunschweiger Zeitung lobt: "Insgesamt gelingen der Inszenierung sehr plastische Bilder...". Das Fazit lautet hier: "Dieser ‚Parsifal‘ hat Sog, bietet Denkanreize und verrät trotzdem nicht das Stück. Die Auseinandersetzung lohnt." "Prächtig klingende Chöre" finden im Online Musik Magazin Erwähnung, ebenso wie GMD Alexander Joel: "Mit sehr direktem, klarem Klang, mit transparenten Nebenstimmen und eher flotten Tempi führt er das Orchester geradezu erfrischend und geistreich belebend durch die ansonsten eher tiefsinnig-schwerlastige Musik." Das Foto (Volker Beinhorn) zeigt Ekaterina Kudryavtseva, Simone Lichtenstein, Milda Tubelyte und Carolin Löffler als Blumenmädchen, Dominik Wortig als Parsifal und Mitglieder des Chores.Weiterlesen

"Die Zarenbraut" an der Staatsoper Berlin

15.10.2013 | Einen regelrechten Krimi um Zar Iwan (den "Schrecklichen") und seine dritte Braut, die kurz nach der Hochzeit vergiftet wird, hat Nikolai Rimsky-Korsakow mit der "Zarenbraut" vertont, die nun an der Berliner Staatsoper in der Inszenierung des russischen Regisseurs Dmitri Tcherniakov auf dem Programm steht. Viel beachtet wurde diese Berliner Premiere, die im Ausweichspielort Schillertheater über die Bühne ging: die Premiere einer Oper, die hierzulande nicht allzu häufig gespielt wird, obwohl sie zu den Höhepunkten ihrer Zeit zählt, wie auf der Webseite der Staatsoper zu lesen ist. Und die Berichterstatter - auch die der großen überregionalen Zeitungen - sind sich einig in ihrer Begeisterung. "Triumph für die ‚Zarenbraut‘ in Berlin, schreibt die FAZ. "Daniel Barenboim und seine Berliner Staatskapelle fächern die orchestrale Pracht dieses Werkes in feinsten Schattierungen auf und bringen Poesie und wechselnde Stimmungen dieser Musik atmosphärisch zur Geltung." "Atemberaubend virtuos katapultiert Dmitri Tcherniakov die historische Handlung mit ihren billigen Zaubertrank-Tricks ins Heute", beschreibt der Berliner Tagesspiegel die Regie-Arbeit. "Eine selten geschlossene Produktion, auf allerhöchstem Niveau bis in die kleinsten Rollen", lautet das Urteil in der Welt. Schließlich die Süddeutsche Zeitung: "Daniel Barenboim (…) lässt Emotionen und Klangbilder der Partitur mit Wucht lodern und wuchern: von Erregung durchwirkt die melodischen Linien, farbstark ausgetragen die meisterliche Instrumentation." Das Publikum dankte mit begeistertem Applaus. Foto: Monika RittershausWeiterlesen

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