Premierenberichte

"Wallenberg" in Karlsruhe

16.07.2012 | Im Gegensatz zum Namen Oskar Schindler, bekannt geworden durch den weltweit erfolgreichen Film Steven Spielbergs, gehört Raoul Wallenberg eher zu den unbekannten Helden der Nazi-Zeit. Als schwedischer Diplomat nach Budapest geschickt, um mit schwedischen Schutzpässen Juden vor der Deportation zu bewahren, ging Wallenberg - unter Einsatz seines Lebens - weit über den eigentlichen Auftrag hinaus und bewahrte rund 100.000 Juden vor dem sicheren Tod. Die Sowjets "dankten" es ihm 1945 durch Inhaftierung. Sein weiteres Schicksal ist bis heute unbekannt. Der estnische Komponist Erkki-Sven Tüür schrieb über die Geschichte dieses Mannes eine Oper, die 2001 in Dortmund uraufgeführt, dann 2007 im estnischen Tallinn ein weiteres Mal auf die Bühne gebracht wurde und nun in Karlsruhe Premiere hatte. "Das Badische Staatstheater gab dem Werk eine neue Chance und landete damit einen echten Coup", schreibt Welt online. Zu verdanken ist das unter anderem dem Regisseur Tobias Kratzer, der die Geschichte überzeugend und fesselnd auf die Bühne brachte. Auch musikalisch gelang das Wagnis - dank dem Dirigenten Johannes Willig, dem Solisten-Ensemble sowie der Badischen Staatskapelle. Und: "Der Karlsruher Opernchor unter Leitung von Ulrich Wagner zeigt sich von seiner besten Seite." (Welt online). Auch die Pforzheimer Zeitung konstatiert: "Getragen wird die Oper vom intensiven Spiel des Ensembles und des Chors." Begeisterte Ovationen am Schluss für die Leistung des gesamten Ensembles. Das Foto (Jochen Klenk) zeigt Sarah Alexandra Hudarew (Dritter Diplomat), Tiny Peters (Erster Diplomat), Christina Bock (Zweiter Diplomat); Edward Gauntt (Ronald Reagan), Matthias Wohlbrecht (Wallenberg zwei) und den Badischen Staatsopernchor.Weiterlesen

"Les Ballets Russes - Reloaded" in Dresden

12.07.2012 | Genau vor hundert Jahren erlebte das Ballett "L’après-midi d’un faune" mit den "Ballets russes" des legendären Sergej Diaghilew seine Uraufführung. Ein Jahr später wurde Strawinskys "Sacre du Printemps" von derselben Compagnie erstmals getanzt: Was zunächst als Skandal in die Annalen einging, ist längst als Meisterstück der Musik- wie Tanzgeschichte anerkannt. Das Ballett der Dresdner Semperoper nimmt diese Jubiläen zum Anlass, an die bedeutende Compagnie des Russen Diaghilew zu erinnern, die vielmehr war als "nur" Balletttruppe, wollte sie doch die Idee eines Tanz, Musik und bildende Kunst gleichwertig zu vereinigenden Gesamtkunstwerkes realisieren. In Dresden kamen nun Straswinskys "Noces" in einer neuen Choreoegrafie von Stijn Celis, weitere Uraufführungen ("Faun" von Jiří Bubeníček und "Sacre" von Jacopo Godani) sowie Balanchines "Apollo" auf die Bühne. Unterstützt wurde die Compagnie der Semperoper vom Sächsischen Staatsopernchor und den Solisten Elena Gorshunova, Stephanie Atanasov, Tom Martinsen und Tomislav Lucic. "Da kommt die geballte Kraft einer gut präparierten Kompanie von der Bühne, die ganze Gruppe, Solisten, Duette, im Trio, im Quartett", ist auf "tanznetz" zu lesen. Und der Rezensent erlebte "eine am Ende grandiose Hommage der Dresdner Kompanie an die russischen Revolutionäre des Tanzes". Foto: Costin RaduWeiterlesen

"Götterdämmerung" an der Staatsoper München

10.07.2012 | In nur fünf Monaten hat die Bayerische Staatsoper den ganzen "Ring" auf die Bühne gebracht. Jetzt hatte - zum Ende der Spielzeit und gleichzeitig Auftakt der Festspiele - die "Götterdämmerung" Premiere. Regisseur Andreas Kriegenburg macht die Halle der Gibichungen - um der Aktualität Genüge zu tun? - zur Bank- oder Konzernzentrale. Einfach ist es für einen heutigen Regisseur - angesichts der Flut von Inszenierungen - nicht, noch eine eindrucksvolle und überzeugende "Ring"-Interpretation hinzulegen. Nicht von ungefähr hat Klaus Zehelein, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, erst kürzlich vor einer Inflation von Wagner-Inszenierungen im Jubiläumsjahr (und davor) gewarnt. In München ist es eher die musikalische Leistung, die überzeugt. Unter den Solisten schießt Nina Stemme als Brünnhilde den Vogel ab und erntet einen grandiosen Applaus. Insgesamt ist die Sängerriege ausgezeichnet, auch Eric Halfvarson, der als Hagen kurzfristigst eingesprungen ist, begeisterte. Die FAZ, die sonst nicht viel Positives an Regie und musikalischer Leistung findet, hebt die Chor-Leistung heraus: ""Im zweiten Aufzug, dritte Szene schlägt die Stunde des Chores und Extrachores der Bayerischen Staatsoper, vortrefflich vorbereitet von Chordirektor Sören Eckhoff. Der grimme Hagen ruft zu den Waffen, es tost das Blech, brutale Drohung geht aus von den gestaffelten, gezackten, paukengrundierten Sturmchören der Männer…". Die SZ dagegen lobt auch die musikalische Leitung Kent Naganos: "In der ‚Götterdämmerung‘ akzeptiert Nagano endlich, dass er und nur er der Chef des Geschehens ist, natürlich kein lauthals bevormundender. Nagano gibt nun den Rhythmus vor und die emotionale Dichte." Am Ende viel Applaus für Sänger und Dirigenten, einige Buhs für den Regisseur. Das Foto (Wilfried Hösl) zeigt Nina Stemme als Brünnhilde, Stephen Gould als Siegfried und Anna Gabler als Gutrune.Weiterlesen

"Ideomeneo" in Stralsund

06.07.2012 | "Hingehen lohnt", meint der Rezensent der Ostsee Zeitung zur Premiere von Mozarts Oper "Idoemeneo" in Stralsund (und Greifswald). Und das, obwohl - oder vielleicht sogar weil - die Aufführung hier nicht szenisch realisiert ist. Nicht zum ersten Mal finden sich Stimmen, die einer konzertanten Darbietung Vorteile abgewinnen, weil die Konzentration auf die Musik dabei gestärkt wird. So auch hier in Stralsund, das eine bejubelte und gelungene Premiere erlebte. Mozarts frühe Oper steht nicht so häufig auf den Spielplänen wie seine anderen späteren Musiktheater-Werke. Und doch weist seine "opera seria" schon auf die Genialität des Opern-Komponisten Mozart hin und befreit sich von der Starrheit des Genres. Die Geschichte von König Idomeneo, der, um Poseidon zu beruhigen und einem Meeressturm zu entkommen, unwissentlich das Leben seines Sohnes aufs Spiel setzt, von Idomeneos Sohn Idamante und dessen Liebe zur gefangenen Trojanerin Ilia; und schließlich von der ebenso eifersüchtigen wie ehrgeizigen Elettra lässt viel Platz für musikalische Emotionen. In Stralsund wusste man dies überzeugend umzusetzen. "Labsal für Verstand, Herz und Ohren", titelte die Ostsee Zeitung und konstatiert: "Der Chor (Anna Töller) war, wie immer, Spitze, die vielbeschäftigten Philharmoniker agierten mit Schwung und Feuer. Souverän für einen starken Abend sorgend: Generalmusikdirektor Karl Prokopetz." Das Foto (Vincent Leifer) zeigt (v. li. n. re.) Damen des Opernchores, Kerem Kurk, Noriyuki Sawabu, GMD Karl Prokopetz und Herren des Opernchores, im Hintergrund das Philharmonische Orchester Vorpommern.Weiterlesen

"Der Bettelstudent" in Neustrelitz

02.07.2012 | Operette im Neustrelitzer Schlossgarten: echte "Freilicht"-Operette also. Carl Millöckers "Bettelstudent" gilt als Paradestück des - immer wieder totgesagten und immer wieder zum Leben erwachenden - Genres; ein Paradestück, das eine Flut von Ohrwürmern aufweist. "Ach, ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst", singt Gouverneur Ollendorf bedauernd. Für die Zurückweisung durch die polnische Komtesse Laura will er sich durch ein sorgfältig geplantes Intrigenspiel rächen und versucht, ihr nun einen armen Schlucker als Ehemann zuzuschustern. Am Schluss aber siegt die Liebe über alle bösen Ideen. Wolfgang Lachnitt ist der künftige Operndirektor eines gebeutelten Theaterhauses und hat im Neustrelitzer Schlossgarten ein Feuerwerk aus Farben und Witz inszeniert. "Mitreißend agierende Chöre" hat der Nordkurier ausgemacht (es singen Chor und Extrachor des Theaters, einstudiert von Gotthard Franke), außerdem "überzeugende Regieeinfälle" und "vorzüglich singende und gestaltungsintensive Gesangssolisten". Und weiter: "Das Neustrelitzer Fazit: Operette, wie sie leibt und lebt." Das Publikum sah dies ebenso und dankte mit stehenden Ovationen. Das Foto (Jörg Metzner) zeigt den Opernchor und Tänzer der Deutschen Tanzkompanie Neustrelitz.Weiterlesen

"Das schlaue Füchslein" am Gärtnerplatztheater

02.07.2012 | Mitnichten eine reine Kinderoper ist das populäre Werk des tschechischen Komponisten Leos Janácek, der mit seinem "Schlauen Füchslein" eine Parabel über das Werden und Vergehen allen Lebens - auch des menschlichen - geschaffen hat. Die Hauptfigur, die Füchsin, wird am Ende erschossen, aber ihre Nachkommen bevölkern wiederum den Wald. Das Münchner Gärtnerplatztheater hat aus der Not eine Tugend gemacht: die Oper wurde im Münchner Prinzregententheater gezeigt, weil das "Mutterhaus" derzeit saniert wird und alle Produktionen in verschiedene Spielstätten auswandern müssen. Gleichzeitig gab es hier eine Kooperation mit der Bayerischen Theaterakademie August Everding, so dass auch junge Sängerinnen und Sänger sich hier beweisen durften. Allerdings wird in deutscher Sprache gesungen, was dem musikalischen Lauf durchaus schädlich sein kann. In München nun wird die Handlung der Oper ins Klassenzimmer verlegt - und es wird viel getanzt. "Poetische, anrührende und witzige Bilder" attestiert der Rezensent des Bayerischen Rundfunks der Regisseurin Rosamund Gilmore, dem Dirigenten Andreas Kowalewitz "viel Gespür für Janáceks Farbenreichtum". Viel Applaus am Schluss. Das Foto (A.T. Schaefer) zeigt Maria Celeng als Füchsin Schlaukopf und den Damenchor als Hennen.Weiterlesen

"Die unglückselige Cleopatra" in Hamburg

29.06.2012 | "Die unglückselige Cleopatra" ist die fünfte Oper des Händel-Zeitgenossen Johann Mattheson. Menschlich hat es zwischen dem heute mehr oder weniger abgetauchten Hamburger und dem die Uraufführung der "Cleopatra" dirigierenden weltberühmten Komponisten wohl nicht ganz gestimmt. Jedenfalls soll es zwischen den beiden ein Duell gegeben haben, weil beide die musikalische Leitung für sich beanspruchten. Und das, obwohl der Schöpfer des Werks schon den Antonius gesungen hatte. Das Internationale Opernstudio Hamburg hat die Barockoper nun wieder auf die Bühne gebracht. Neben der weltberühmten Liebesgeschichte der ägyptischen Königin mit Marcus Antonius wie mit Augustus hält die Oper auch komische Szenen und derbe Sprüche vor. "Die erste szenische Aufführung an der Hamburger Staatsoper seit 1704 ist hoch interessant und mit sehr guten Sängern gelungen", berichtet Deutschlandradio Kultur. Dabei kommt es der Aufführung zugute, dass die Oper auf eine Länge von drei Stunden gekürzt wurde. Die jungen Sänger des Opernstudios meisterten ihre Aufgabe durchweg beachtlich - allen voran Mélissa Laura Petit in der Titelrolle, die schon vorab im Hamburger Abendblatt als Durchstarterin gefeiert wurde. Die erst 20-jährige Französin wurde der Cleopatra in all ihren Facetten mehr als gerecht. Eine verdienstvolle Ausgrabung! Foto: Rosa FrankWeiterlesen

"Der fliegende Holländer" in Augsburg

27.06.2012 | "Ein wenig wie Norwegen in Deutschland" meint der norwegische Dirigent Rune Bergmann in Wagners "Fliegendem Holländer" zu erspüren. So erzählt er es im BR-Interview vor der Augsburger Premiere, die auf der Freilichtbühne am Roten Tor zu erleben war. Im gleichen Bericht erklärt der "Holländer"-Darsteller Stephen Owen, wie seine Rolle hier angelegt ist: "wie ein außerirdischer Vampir mit wenig menschlichen Noten". Aber auch der Augsburger Holländer ist auf der Suche nach der treuen Liebe und damit nach seiner Erlösung. Die historische Stadtmauer Augsburgs dient in dieser Freilicht-Inszenierung als natürliche Kulisse. Dennoch ist eine solche Wagner-Interpretation unter freiem Himmel keine leichte Aufgabe. Unter diesen Umständen erweise sich das "zu Sehende und zu Hörende (…) im Szenischen als solide, im Orchestralen als erfreulich bis mitreißend, im Vokalen dank einer bedingungslos liebenden Senta als Heimspiel", schreibt die Augsburger Allgemeine. Der Kritiker auf nmz online geht nicht ganz so gnädig mit der Inszenierung um, findet aber lobende Worte für das Ende: "Imposant wirkte dann nur das Schlussbild: der Gespensterchor der ‚Holländer‘-Mannschaft fuhr als riesiges Blutgerüst mit Statisten als Zombies auf dem oberen Mauergang herein (…) - Oper übermenschlich groß." Unser Foto (Nik Schölzel) zeigt die einmal mehr herausragende Sally du Randt als Senta sowie den Chor.Weiterlesen

"Orfeo ed Euridice" in Würzburg

26.06.2012 | Zu Beginn wird Euridice bei einer Demonstration erschossen. Transparente zeigen die Forderungen der Demonstranten: "Liberté", "Liebe" oder "Free Syria". Der aktuelle Bezug ist unverkennbar. Die Geschichte ist bekannt: Orfeo erhält die Erlaubnis, die Geliebt aus dem Totenreich zurückzuholen, dreht sich aber strotz strengen Verbots zur ihr um - und verliert sie ein zweites Mal. Bei Gluck aber gibt es ein Happy End: Amor hat ein Einsehen und sorgt für ein erneutes Erwachen Euridices. Der Regisseur von Glucks "Orfeo ed Euridice", Bernhard Stengele, konzentriert seine Interpretation auf das Wesentliche: Drei Solistinnen und Chor sind die Akteure auf der Bühne. Selbst auf das Ballett hat Stengele verzichtet, lässt nur den Chor eine Choreografie ausführen, die von Ivan Alboresi einstudiert wurde. "Viel Raum gibt das musikalische Werk den Gefühlen von Trauer und Hoffnung, verstärkt in der Inszenierung durch die Choreografie von Ivan Alboresi, der für eine anrührende, rituell geformte Bewegungssprache des Opernchores verantwortlich zeichnet", heißt es in der Südwestpresse. Und die Mainpost schreibt: "Glucks ‚Orfeo‘ gibt dem Chor viel Raum. So können die von Markus Popp präparierten Damen und Herren immer wieder für anrührende Momente sorgen." Am Ende einige wenige Buhs, aber vor allem begeisterter Beifall mit Standing Ovations für die Akteure. Das Foto (Falk von Traubenberg) zeigt Mitglieder des Opernchors und des Philharmonischen Orchesters.Weiterlesen

"Chowanschtschina" in Weimar

22.06.2012 | Die Handlung der Oper "Chowanschtschina" spielt im 17. Jahrhundert und thematisiert den Aufstand des Strelitzenanführers Iwan Chowanski gegen den Zaren und seinen Machtkampf im zaristischen Russland. Ihm gegenüber stehen die Altgläubigen, die am Ende - als sie ihre Chancen verloren sehen - in den kollektiven Selbstmord gehen. Modest Mussorgski hat den Stoff verwendet, aber einen Bogen in seine politische Gegenwart geschlagen. Eine Ablehnung gegen das Zarentum wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer häufiger diskutiert. Das Libretto zur Oper wurde entsprechend zensiert. Das Volk selbst werde zum Helden, heißt es im Programmtext des DNT, allerdings zu einem "unheilvollen Helden, der nicht gewinnen kann." Ganz anders die Chöre, die dieses Volk auf der Bühne darstellen. Die Oper ist eine Gemeinschaftsproduktion des Anhaltischen Theaters Dessau (dort hatte sie im Mai 2011 Premiere) und dem Deutschen Nationaltheater. Regisseurin Andrea Moses erarbeitete das Werk nun in neuer Besetzung. Die Chöre der Theater reisten jeweils in den Aufführungsort, etwa 90 Chorsänger stehen in der "Chowanschtschina" auf der Bühne. Und sie machten ihre Sache auch in Weimar wieder mehr als gut. "Die Massenszenen mit dem Weimarer Ameisenkinder-Chor und den exzellent kooperierenden Opernchören aus Dessau und Weimar im 1. Akt sind eine Wucht… Minutenlanger Jubel, Bravorufe. Insbesondere für die Chöre", berichtet die Thüringer Allgemeine und hat auch lobende Worte für die "kluge und pfiffige Regie" von Andrea Moses sowie für die musikalische Leistung unter Weimars erstem Kapellmeister Martin Hoff. Er "hat den unerschütterlichen Überblick über drei sehr bewegliche Chöre, viele Solisten, Signaltrompeter auf der Bühne und natürlich die farbenprächtig und sensibel spielende Staatskapelle, er hat den Blick fürs Ganze wie für musikalische Feinheiten", lautet die Bewertung. Unbedingt sehenswert! Das Foto (Anke Neugebauer) zeigt David Ameln als Kuska und den Opernchor des Anhaltischen Theaters DessauWeiterlesen

Seiten

Premierenberichte abonnieren