Jules Massenet wagte sich Ende des 19. Jahrhunderts an die Vertonung von Goethes Klassiker, der Geschichte des jungen Werther. Dieser verliebt sich in die in geordneten Verhältnissen lebende Charlotte, deren weiteres Leben mit der Heirat Alberts schon vorgezeichnet ist. Und die junge Frau erwidert durchaus die Gefühle des jungen Mannes. Goethes Briefroman löste seinerzeit eine Welle der Selbsttötungen aus. Am Staatstheater am Gärtnerplatz führte jetzt Herbert Fröttinger Regie. Er „inszeniert die Oper als psychologisches Kammerspiel um erwachende Lebenslust und die Schwierigkeit, aus dem gewohnten Milieu auszubrechen“, erklärt der Einführungstext auf der Webseite des Theaters. Zu Beginn können die Zuschauer auf dem Vorhang Zitate aus Goethes Originaltext lesen, bevor es dann mit Massenet weitergeht. Es gelinge der Oper „dramaturgisch etwas (…) Großes: über vier Akte hinweg eine Nicht-Beziehung zu erzählen, die emotional trotzdem mitnimmt“, so die SZ, die von einem „packenden Opernabend“ berichtet. Charlotte tritt hier durchaus als selbstbewusste junge Frau auf – bis zur auch körperlichen Annäherung der beiden Protagonisten ist es in dieser Inszenierung nicht mehr weit. Von einer „faszinierenden Psychostudie in Tönen“ berichtet die neue musikzeitung (nmz), und: „Premieren-Sieger ist das Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz unter seinem Chefdirigent Anthony Bramall.“ Und auch die Abendzeitung kommentiert: „Es bleibt erstaunlich, zu welcher Ensembleleistung das Gärtnerplatztheater bei dieser anspruchsvollen Oper fähig ist.“ Das Foto (Jean-Marc Turmes) zeigt Caspar Krieger als Freund des Amtmanns und den Kinderchor des Staatstheaters am Gärtnerplatz.