"Werther" in Lübeck

In der Opernfassung von Jules Massenet ist Charlotte nicht so eindeutig charakterisiert wie noch in Goethes „Werther“. Sie erwidert Werthers Liebe durchaus; sie ist es aber auch, die ihm schließlich – bewusst oder unbewusst – beim Suizid hilft, indem sie ihm die dafür notwendigen Waffen zukommen lässt. Regisseurin Sandra Leupold hat sich beim „Werther“ in Lübeck für eine abstrakte Bühne entschieden und ist damit der Kitsch-Gefahr, die das Werk in sich birgt, entronnen. „Hier entwickelt sich das tödlich endende Spiel um die beiden Liebenden in überaus eindringlicher Weise. Denn nichts lenkt ab vom musikalischen und psychologischen Geschehen“, lesen wir in den Lübecker Nachrichten. „Sandra Leupolds [...] Blick auf Jules Massenet 'Werther' war außerordentlich schlüssig“, bestätigt auch die neue musikzeitung (nmz). „Manfred Hermann Lehner, Kapellmeister aus Rostock, entlockt den Lübecker Philharmonikern an vielen Stellen wahre Klangfluten, begleitet an anderen Stellen sehr sängerfreundlich, denn die Hauptfiguren haben zweieinhalb Stunden lang Schwerstarbeit zu leisten“, berichtet HL-live über die musikalische Seite des Abends. Ein besonderes Augenmerk richteten die Kritiker auf den beteiligten Kinderchor: „Die Kinder hatte das Theater bei der Lübecker Knabenkantorei an St. Marien und im Mädchenchor der Gemeinnützigen gefunden. Sehr sicher waren sie von Karl Hänsel einstudiert und im Spiel mit vielen Aufgaben betraut“, so die nmz. Das Fazit des Opernmagazins lautet: „Alles in allem bewies der Premierenabend, dass es nicht auf die Größe eines Hauses ankommt, um musikalisch Gutes zu bieten.“ Das Foto (Olaf Malzahn) zeigt Yoonki Baek als Werther, Gerard Quinn als Amtmann, Johan Hyunbong Choi als Albert, Emma McNairy als Sophie, den Kinderchor und Statisterie.

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