"American Lulu" an der Komischen Oper Berlin

"American Lulu" an der Komischen Oper Berlin

05.10.2012 | Im Vorfeld ein Urheberrechtsstreit: Nicht etwa um die Rechte des Komponisten Alban Berg an der Musik seiner "Lulu" und die Neu-Bearbeitung. Denn Berg ist 1935 gestorben und somit ist die Musik seit 2005 frei. Sondern vielmehr um die Idee, die der kanadische Videokünstler Stan Douglas zusammen mit der Komponistin Olga Neuwirth entwickelt haben will. Nun wurde ihm ein Recht an der Fassung, die in der Komischen Oper soeben ihre Uraufführung erlebte, abgesprochen. Neuwirth hat die ersten beiden, original von Berg stammenden Akte bearbeitet und für eine Formation aus Streichern und Big Band neu instrumentiert. Den dritten Akt hat sie neu gefasst, das ganze findet in englischer Sprache statt - und das in der Komischen Oper! - "Der Mensch hat die Möglichkeit auf Selbstbestimmung, auch wenn dieser Weg anstrengender ist, als sich aushalten und anhimmeln zu lassen. Die gequälte und quälende Lulu (…) lebt von Männern und durch Männer", hat Neuwirth im Vorfeld erklärt. Lulu ist im New York der 70er-Jahre angekommen und zur Nobelhure avanciert. Trotz diverser Vorbehalte lautet das Fazit in der Frankfurter Rundschau: "Dennoch ist Neuwirths ‚American Lulu‘ ein zweifellos origineller, diskussionswürdiger Beitrag zur Vollendung von Bergs letzter Oper." Und auch die "Zeit" widmet der "Lulu"-Neufassung einen Bericht, der - insgesamt kritisch - dem neu entworfenen dritten Akt zugesteht: "Das fetzt und wird frech und schraubt sich in jaulende, heulende Höhen. Und plötzlich begreift man, dass der Sound (…) vor allem Saat sein soll, Saat der Zukunft." Und die FAZ bilanziert: "So bleibt das Interessanteste an dieser Premiere (…) die Sympathie, die ihr beim Schlussapplaus entgegenschlägt: eine Anerkennung für das Ensemble, eine Verbeugung vor Neuwirths Mut und vor der Sinnlichkeit ihrer Musik". Das Foto (Iko Freese/drama-berlin) zeigt Claudio Otelli als Dr. Bloom und Marisol Montalvo als Lulu.

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