"Nabucco" in Hamburg

Dass ein Regisseur per „Fernwartung“, nur über von Anwälten transportierten USB-Sticks mit dem gesamten Produktionsteam einer Oper kommuniziert, dürfte einzigartig sein: Kirill Serebrennikov steht in Moskau unter Hausarrest und darf die – schon langfristig geplanten – Regie-Engagements nicht persönlich realisieren. In Hamburg haben Ko-Regisseur Jewgeni Kulagin und Dramaturg Sergio Morabito Serebrennikovs Ideen umgesetzt. Seine Inszenierung polarisiert. Einzelne verlassen unter Protest den Saal, viele bleiben und applaudieren begeistert. In den Mittelpunkt stellt Serebrennikov die Flüchtlingsthematik und unterstreicht dies, indem er zwischen den Akten syrische Lieder auf der Oud spielen und singen lässt und Fotos aus dem kriegszerstörten Syrien zeigt. Der berühmte Gefangenenchor wird von einem Laienchor wiederholt, der sich aus Flüchtlingen und Migranten zusammensetzt. Im Übrigen siedelt der Regisseur diesen „Nabucco“ bei den Vereinten Nationen in New York an. Auf Erden, so die Hamburger Staatsoper, gehe die Suche nach gesellschaftlicher Zugehörigkeit und religiöser Identität weiter: „eine immerwährende Suche, die auch Jahrtausende nach dem gescheiterten Turmbau zu Babel, in Zeiten von internationaler Weltsprache und Menschenrechtsabkommen zu Gewalt und Unterdrückung führt.“ Darauf weist auch das Spruchband hin, das das vor Ort aktive Regie-Team während des Schlussapplauses ausrollt: „Free Kirill“. Das Foto (Brinkhoff/Mögenburg) zeigt Alexander Vinogradov als Zaccaria und den Chor der Hamburgischen Staatsoper.

Zur Premierenübersicht