Das lang bewährte Team mit Jossi Wieler, Sergio Morabito und Anna Viebrock hat sich an der Deutschen Oper Berlin an Wagners „Meistersinger“ gemacht. Dass die Handlung hier in eine Musikhochschule, offenbar die Münchner, verlegt wird, hat (mindestens) einen zweifachen Bezug: Das Gebäude war der Führerbau der Nationalsozialisten; hier spielt nun die Wagner-Oper, die vor allen anderen mit Nationalismus, Antisemitismus oder Deutschtümelei assoziiert wird. Zudem geht es in dieser Inszenierung um die Frage von Macht und Missbrauch im Musikbereich. Die Erinnerung an den Missbrauchsskandal an der Musikhochschule München ist noch frisch und hier gewollt. Die Oper sei „auch eine Oper über den Beruf des Singens – und erzählt damit von unserer Branche: vom Drill, dem Druck, der Disziplin, die dort herrschen, vom Nicht-versagen-Dürfen, den Ängsten und Depressionen, die das auslöst. Diese Oper erzählt von Macht und Missbrauch in der Welt der klassischen Musik“, erklärt Jossi Wieler in einem Ankündigungstext. Eva ist bei Wagner der Preis für den besten Meistersinger. Heidi Stober, die Darstellerin der Eva, erklärt allerdings: „Für mich ist Eva (…) keine Figur, die sich nur ihrem Schicksal fügt. Nachdem sie sich in von Stolzing verliebt, tut sie alles, um an seiner Seite leben zu können. Sie handelt in gewisser Weise strategisch, für mich ist das eine Form der Selbstermächtigung.“ Das Publikum in Berlin reagierte heftig, teils mit Begeisterung, teils mit Buh-Rufen. Ähnliches gilt für die Kritiker. „Insgesamt ein höchst unterhaltsamer, für Wagnerverhältnisse erstaunlich kurzweiliger Abend“, berichtet der rbb. „Die Grundidee der Inszenierung ist nicht ohne Plausibilität, aber schon deutlich packender und sinnlicher umgesetzt worden“, schreibt die neue musikzeitung. Musikalisch passt vieles. „Der Chor dieses Hauses spielt und singt auf Weltklasseniveau“, so der rbb. Der Coup am Schluss: Walther von Stolzing verzichtet auf die Meisterwürde und verschwindet mit seiner Eva im Publikum. Foto: Thomas Aurin