"Intolleranza 1960" an der Komischen Oper Berlin

Darin, dass Luigi Nonos 1960 unter großen Protesten von neofaschistischen Gruppierungen uraufgeführtes Werk, heute genauso aktuell ist wie vor mehr als 60 Jahren, sind sich die Akteure dieser spektakulären Aufführung an der Komischen Oper einig. „Das wichtigste politische Werk, das man spielen kann“, erklärt Regisseur Marco Štorman, und: „Das Anliegen und die Kraft, die Nono vertont, sind absolut aktuell.“ „Weg war er nie, der Krieg“, ist ein Satz aus dem begleitenden Text von Carolin Emcke. Erzählt wird die Geschichte eines Gastarbeiters, den es in die Heimat zurückzieht, der auf seinem Weg Grausamkeiten, Gefangenschaft und Folter erlebt, aber auch Momente der Liebe und Hoffnung. Am Ende wird die Menschheit komplett überflutet. An der Komischen Oper erlebt das Publikum das Geschehen in neuen Dimensionen. Das Parkett ist in eine Eiswüste umgewandelt. Das Publikum sitzt zum Teil auf der Bühne, der Dirigent leitet das musikalische Geschehen aus luftiger Höhe, das Orchester sitzt im Rang. „Mit dieser ungewohnten, bisweilen installativ wirkenden Anordnung verschieben Regisseur Marco Štorman und Bühnenbildner Márton Ágh ganz in Nonos Sinne nicht nur die Hör- und Sehperspektiven innerhalb des Opernhauses; sie sorgen auch dafür, dass man immer wieder desorientiert ist, wenn man das Geschehen an den normalen Opernerfahrungen zu messen versucht“, schreibt die neue musikzeitung (nmz). „Intolleranza“ verlangt den Ausführenden, insbesondere auch dem Chor unglaubliche Leistungen ab. Und die Chorsolisten der Komischen Oper singen hier einfach phänomenal. „Eigentlich ist das eine Choroper, als solche wird sie vom (Bewegungs-)Chor der Komischen Oper souverän umgesetzt“, berichtet der rbb. Die nmz spricht vom „musikalisch bewundernswert präparierten, intonationssicheren und kompositorisch vielfach geteilten Chor“, lobt auch die „hervorragenden Leistungen des Orchesters unter Leitung von Gabriel Feltz“. Diese Spielplaneröffnung ist zugleich der Start in die Nach-Kosky-Ära des Hauses. „Das Haus erzittert. Ein Anfang, zweifellos ein starker, ist gemacht“, findet der rbb. Foto: Barbara Braun

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