18.03.2016 | Gemeinsame Pressemitteilung
Die Künstlergewerkschaften Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) und Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer e. V. (VdO) haben gegen das Tarifeinheitsgesetz Verfassungsbeschwerde erhoben. Prozessbevollmächtigte ist die ehemalige Bundesjustizministerin Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin.
Nach Auffassung der beiden Künstlergewerkschaften verstößt das Tarifeinheitsgesetz gegen die im Grundgesetz garantierte Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. Abs. 3), den Gleichheitssatz des Art. 3 GG sowie die Balance zwischen Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) und Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG).
Der von den in einem freiwilligen Tarifverbund kooperierenden Künstlergewerkschaften ausgehandelte Normalvertrag Bühne könnte aufgrund des betriebsbezogenen Mehrheitsprinzips durch Tarifverträge des öffentlichen Dienstes verdrängt werden. Sollten diese für das künstlerische Personal angewendet werden müssen, würde in der Folge speziell das Solopersonal – also unter anderem Schauspieler, Solo-Sänger, Dramaturgen oder Regieassistenten – keine Jahresverträge auf Basis des NV Bühne mehr erhalten, sondern nur noch kurzfristige Gast- oder Stückdauerverträge. Keine Intendanz würde das künstlerische Personal auf kunstfernen Verträgen beschäftigen, weil sie ihre künstlerischen Konzepte dann nicht mehr frei umsetzen könnte. Das System von Stadt- und Staatstheatern mit Repertoire-Betrieb, für das Deutschland weltweit bewundert wird, würde grundlegend erschüttert werden.
Die Koalitionsfreiheit der Bühnengewerkschaften aus Art. 9 Abs. 3 GG wird verletzt, weil das indifferente Mehrheitsprinzips ihre gewerkschaftlichen Wirkungsmöglichkeiten gravierend beeinträchtigt. Darüber hinaus diskriminiert es Bühnengewerkschaften in gleichheitswidriger Weise, indem es Branchengewerkschaften zu einer Art „Leitbild“ erhebt und diese strukturell bevorzugt und mit stärkeren Rechten ausstattet.
Schon jetzt gibt es an einigen Häusern eine Auseinandersetzung der Gewerkschaften – auf dem Rücken der Beschäftigten. Die Personalfluktuation an Theatern ist naturgemäß besonders hoch, folglich können sich die gewerkschaftlichen Mehrheitsverhältnisse jährlich ändern. Die Folge wäre Tarifchaos statt der gewünschten Tarifeinheit. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat wiederholt ihren Alleinvertretungsanspruch betont. Damit löst das Gesetz jene Tarifkollisionen erst aus, die es vordergründig bekämpfen will.
Rückfragen: 040 4328244-0 oder 0221 272689-40
V.i.S.d.P.: Jörg Löwer
Hier finden Sie die Pressemitteilung als PDF