Hoch aktuell ist die Geschichte, die im Musical „Anatevka“ erzählt wird: Es geht um Ausgrenzung und Vertreibung, es geht aber auch um den Verfall Jahrhunderte alter Traditionen. Barrie Kosky hat an der Komischen Oper Regie geführt; zuletzt war das Werk dort in den 1970er-Jahren von Walter Felsenstein inszeniert worden und hatte über 500 Aufführungen erlebt. Dem Jubel des Publikums und der Kritiker zufolge könnte diese Version ähnliche Erfolge erringen. Am Anfang zeigt die Bühne nur Schränke; ein Junge fährt auf seinem Roller vorbei, holt plötzlich seine „Fiedel“ hervor und spielt. Dem Schrank entsteigt dann die Bewohnerschaft des „Schtetl“, unter ihnen der Milchmann Tevje mit seiner Frau und den fünf Töchtern. Der Schauspieler Max Hopp und Dagmar Manzel als Golde geben ein viel umjubeltes Paar. Die Stuttgarter Zeitung schreibt von einer „mitreißenden Inszenierung des Musical-Evergreens“. „Kosky ist es gelungen, ‚Anatevka‘ als eine mitreißende, ur-jüdische Geschichte lebendig werden zu lassen, deren Themen zugleich so universell sind, dass sie das Publikum unmittelbar angehen“, ist im Deutschlandfunk zu hören. Die Berliner Morgenpost berichtet vom „Orchester, das unter Leitung von Koen Schoots zu verführen weiß, ohne jemals in kitschige Sounds zu verfallen“. Im Tagesspiegel lesen wir von "einer szenischen Wimmelbild-Vielfältigkeit im kollektiven Taumel, wie es nur die Chorsolisten der Komischen Oper vermögen". Sehenswert auch die „atemberaubenden Choreografien von Otto Pichler“ (Morgenpost). „Vor allem sorgen Otto Pichlers Choreographie und der Chor für Überraschungen, beklemmend etwa in Tevjes getanztem Alptraum (Kostüme: Klaus Bruns) oder in der russisch-jüdischen Hochzeitszene“, so die neue musikzeitung. Die Komische Oper feierte mit dieser Premiere auch ihren 70. Geburtstag. Regisseur und Intendant Barrie Kosky erklärte in seiner Geburtstags-Ansprache, es gebe viele Anatevkas auf dieser Welt. Wie wahr! Das Foto Iko Freese / drama-berlin.de) zeigt Max Hopp als Tevje.