Karriereratgeber in Heft- oder Buchform gibt es heute wie Sand am Meer. Das galt offenbar auch schon in den 1960er-Jahren. In dieser Zeit entstand die Musicalsatire von Frank Loesser, und sie spielt auch im 1960er-Ambiente: Ein Fensterputzer in New York namens J. Pierrepont Finch nutzt einen solchen Ratgeber, um es in der Firma „World-Wide-Woppel“ weit zu bringen – nicht etwa durch besondere Kompetenz, sondern mit Tricks, Charme und einem Gespür für das Menschliche. Das Werk wurde seinerzeit mit sieben Tony Awards und einem Pulitzer Preis ausgezeichnet und war nun am Theater für Niedersachsen zu erleben: eine spartenübergreifende Produktion, an der Musiktheater und Musical, inklusive Opernchor und Orchester beteiligt sind. Finch weiß immer, wo er ansetzen, wen er bezirzen, wen beschwindeln muss, um auf der Karriereleiter wieder einen Schritt nach oben zu machen. Und die Liebe spielt natürlich auch mit in diesem Stück. Das Musical „persiflierte und überspitzte die Geschlechterrollen (…) damals schon“, erklärt Regisseur Matthias von Stegmann im Programmheft-Interview, „und genau das versuchen wir auch.“ Allerdings seien die männlichen und weiblichen Hauptrollen ein wenig modernisiert worden, „weniger aus Political Correctness (…) als vielmehr aus der Überzeugung heraus, dass sich die Wahrnehmung in den letzten 60 Jahren verändert hat“, so von Stegmann. Gefragt, ob ein solcher Ratgeber auch heute noch funktionieren könne, antwortet er: „Man müsste den Ratgeber sicherlich etwas umformulieren, aber die Grundmechanismen greifen heute wie damals. Egal in welcher Branche: Fachliche Inkompetenz hat viele Führungskräfte nicht an einer Karriere gehindert.“ Spritzig und unterhaltsam ist dieser Premierenabend allemal, und die Deutsche Bühne meint: „Da wirken in Leszek Kuligowskis nostalgischer Choreographie die Hildesheimer Musical-Company, der Opernchor und die Solisten perfekt zusammen.“ Das Foto (Jochen Quast) zeigt Mitglieder des Ensembles und des Opernchors.