"Il canto s'attrista, perchè?" in Wuppertal/Leverkusen

Salvatore Sciarrinos Oper konnte wegen der durch Hochwasser verursachten Schäden am Wuppertaler Opernhaus dort nicht aufgeführt werden. Stattdessen fand die Premiere im Erholungshaus in Leverkusen statt. Es geht in diesem Werk um die Rückkehr Agamemnons, der als gefeierter Held den Sieg über die Trojaner verantwortet und die Seherin Kassandra als Sklavin und Mätresse mit nach Hause bringt – sehr zum Ärger seiner Gattin Klytämnestra, die noch erzürnt darüber ist, dass er zehn Jahre zuvor die gemeinsame Tochter Iphigenie geopfert hat. Klytemnästra rächt sich bitterlich. Agamemnon und auch Kassandra müssen sterben. Im Mittelpunkt der Oper stehen diese beiden Frauenfiguren: Kassandra als Opfer, das die Schuld bei sich selbst sucht; Klytämnestra als Täterin, die aber durchaus auch Opfer ist. Es geht also um „zwei Frauenfiguren, die versuchen, sich im patriarchalen System zu behaupten“, lesen wir im Programm der Wuppertaler Oper. Und in Bezug auf Kassandra, deren Weissagungen niemand Glauben schenkt, heißt es, das Thema stoße „noch immer absurde Debatten darüber an, inwieweit Frauen vor allem selbst schuld an den Übergriffen wären, die ihnen passieren“. Denn nicht nur sie selbst, auch das Volk versucht, sie zur Schuldigen zu machen. Ein aktuelles Thema also! „‘Il canto s’attriste – perché?‘ ist ein Abend voller Atmosphäre, zwischen modern und im besten Sinn archaisch. Er lohnt sogar den Weg nach Leverkusen“, schreibt die Westdeutsche Zeitung. Und die Wuppertaler Rundschau: „Was man im Erholungshaus Leverkusen (...) erleben kann, ist in seiner Konzentration und seiner unspezifischen Trauer ein sehr berührendes, musikalisch exzellent umgesetztes Werk, das sicher zum Besten gehört, was in diesem Jahrhundert für das Musiktheater komponiert wurde.“ Nicht zu vergessen, der Kommentar zum Chor: „Der Chor, der gemäß der antiken Tragödie das Geschehen kommentiert, singt vom Rang – und das mit beeindruckender Souveränität und Homogenität (Choreinstudierung: Markus Baisch und Ulrich Zippelius).“ Foto: Björn Hickmann

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