Marcos Darbyshire war eigentlich gar nicht vorgesehen als Regisseur für Gaetano Donizettis Belcanto-Oper. Er sprang für den erkrankten Dirk Schmeding ein, übernahm viel von dessen und Bühnenbildners Robert Schweers Konzept, konnte aber auch noch eigene Ideen verwirklichen. Er geht, laut FAZ, „davon aus, dass die Familie Ausgangspunkt der Traumata ist“. Deshalb tauchen auch Lucias und Enricos Eltern auf, die im Libretto eigentlich nicht vorkommen. Und Lucias Vertrauter Raimondo wird zum kleinen Bruder des Geschwisterpaars. „Es gibt wohl neben Julia und Desdemona keine andere Figur, die so bedingungslos für die Liebe lebt“, lesen wir im Programmheft des Staatstheaters Darmstadt. Und: „Dass Lucia im Wahnsinn ihre Freiheit wiedererlangt, macht die Figur spannend.“ Zwischen Liebe, Ehe, Wahnsinn, Mord und dieser Freiheit spielt sich das dramatische Geschehen ab, gipfelnd in der berühmten Wahnsinns-Arie der Titelfigur. „Und es erscheint ganz selbstverständlich, dass diese Frau auf dem Höhepunkt ihrer Verzweiflung kein bisschen wahnsinnig wirkt, sondern die Regie übernimmt in dem mörderischen Spiel, das ihr Bruder Enrico angezettelt hat“, berichtet echo-online: „Diese Frau ist kein Opfer mehr.“ Auch musikalisch gelingt die Premiere. Solisten und Orchester unter der Leitung von Andriy Yurkevych bekommen viel Lob, und „die von Sören Eckhoff einstudierten Chöre agieren ebenso kraftvoll wie differenziert“ (echo-online). Das Foto (Nils Heck) zeigt den Chor des Staatstheaters Darmstadt.